Presse

Gedenkzeichen zu Völkermord an Sinti und Roma aus Norddeutschland während der NS-Zeit eröffnet  

16.05.2025
Das denk.mal Fruchtschuppen C im Überseequartier ergänzt öffentliche Erinnerungsorte in der HafenCity Hamburg
Am 16. Mai 1940 verhafteten Polizeibeamte etwa 1000 Sinti und Roma in Hamburg und Nord­deutschland, sperrten sie in den Fruchtschuppen C im Hamburger Freihafen und verschleppten sie am 20. Mai 1940 in das Zwangsarbeitslager Belzec im deutsch besetzten Polen. Am 11. März und am 18. April 1944 wurden weitere 300 Frauen, Männer und Kinder der Minderheit in zwei weiteren Deportationen nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Ein Großteil der Menschen wurde in den darauffolgenden Jahren ermordet.85 Jahre später wird daran öffentlich erinnert: Vertreterinnen und Vertreter des Landesvereins der Sinti in Hamburg e.V. und des Rom und Cinti Union e.V. sowie der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte enthüllten gemeinsam mit Hamburgs Senator für Kultur und Medien, Dr. Carsten Brosda, das denk.mal Fruchtschuppen C im Überseequartier der HafenCity. Es ergänzt den bestehenden Gedenkort denk.mal Hannoverscher Bahnhof, der seit 2017 an die Deportationen von Juden, Sinti und Roma erinnert.
 
Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien: „Das denk.mal Fruchtschuppen C erinnert an die aus Hamburg deportierten Sinti und Roma und macht einen langen unsichtbaren Ort der Verfolgung im Stadtbild kenntlich. Es ist eine wichtige und bleibende Mahnung und Ausdruck unserer Verpflichtung, das Gedenken an diese Verbrechen dauerhaft zu sichern. Das denk.mal macht an einem zentralen Ort im neuentstandenen Überseequartier auch deutlich, dass Rassismus und Menschenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Ich danke der Rom und Cinti Union, dem Landesverein der Sinti sowie der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte ausdrücklich für ihr langjähriges Engagement und ihren beharrlichen Einsatz für diesen Erinnerungsort.“
 
Prof. Dr. Oliver von Wrochem, Vorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen: „Das denk.mal Fruchtschuppen C markiert einen zentralen Tatort des Völkermords an den Sinti und Roma in Hamburg. Es ergänzt den Gedenkort und das geplante Dokumentationszentrum denk.mal Hannoverscher Bahnhof, aber auch den nahe gelegenen Geschichtsort Stadthaus, die die Deportationen der Sinti und Roma in die Geschichte der NS-Verfolgung einbetten. Das neue Gedenkzeichen soll in pädagogische Angebote unserer Stiftung zur Verfolgung der Sinti und Roma einbezogen werden.“

Dr. Andreas Kleinau, Vorsitzender der Geschäftsführung der HafenCity Hamburg GmbH: 
„Das denk.mal Fruchtschuppen C wird ein kleiner Ort mit großer Wirkung. Im stark frequentierten Überseequartier markiert es ein langes vergessenes Kapitel der Verfolgung von Sinti und Roma aus Norddeutschland während der NS-Zeit. Die Besucherinnen und Besucher des Überseequartiers, von denen viele erstmals den Weg in die HafenCity finden, stoßen direkt darauf. Gerne haben wir zu dieser wirkungsvollen Ergänzung der Gedenkorte in der HafenCity unseren Beitrag geleistet.“

 Arnold Weiß, Landesverein der Sinti in Hamburg e.V.: „Am „Fruchtschuppen C“ begannen unter dem NS-Regime die Deportationen von insgesamt über 1300 Sinti und Roma aus Hamburg und dem übrigen Norddeutschland in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Nur wenige kehrten zurück. Ihre belastenden Erinnerungen prägten, ebenso wie die nach 1945 fortdauernde Diskriminierung, auch die nachfolgenden Generationen bis heute mit. Der Landesverein der Sinti in Hamburg begrüßt es sehr, dass nach langem Vorlauf neben dem Gedenkort am ehemaligen Hannoverschen Bahnhof nun am Magdeburger Hafen sichtbar und dauerhaft an die Deportation und Ermordung der Sinti und Roma erinnert wird. Wir danken allen, die daran mitgewirkt haben.“

Rudko Kawczynski, Rom und Cinti Union e.V.: „Jahrzehntelang war ihr Schicksal vergessen. Erst eine neue Generation stellte Fragen nach den Hunderten Hamburger Sinti und Roma, die im Fruchtschuppen C in der Nähe des damaligen Hannoverschen Bahnhofs zusammengepfercht und später deportiert wurden. Sie kämpfte dafür, dass dieser Ort nicht länger eine Leerstelle blieb. Das Denkmal erinnert an die Opfer und mahnt zugleich: Antiziganismus und Diskriminierung existieren bis heute. Erinnerung ist Verpflichtung – hinzusehen, nicht zu schweigen und gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.“

Dirk Hünerbein, Director of Development Austria & Germany, Unibail-Rodamco-Westfield: ‚
„Als Unibail-Rodamco-Westfield haben wir den Anspruch nachhaltige Orte zu erschaffen, die das Zusammensein der Menschen inspirieren und weiterentwickeln sollen. Dazu gehört neben dem Blick auf Gegenwart und Zukunft auch die Erinnerung an die Vergangenheit. Der Fruchtschuppen C und die schrecklichen Verbrechen, die mit diesem Ort verbunden sind, sind Teil der Geschichte, die das denk.mal mitten in diesem neuen lebendigen Quartier für die lokale Gemeinschaft und alle Besucher*innen bewusst markieren möchte.“

Das denk.mal Fruchtschuppen C liegt im heutigen Westfield Hamburg-Überseequartier an der Promenade der New-Orleans-Straße. In der neu angelegten Baumreihe entlang der Promenade wurde ein Baum bewusst ausgelassen. Stattdessen schiebt sich das Gedenkzeichen den Passierenden in den Weg. Auf den Außenflächen der sechs Betonstelen sind schemenhaft die Silhouetten von Menschen zu erkennen: Frauen, Männer und Kinder. Der Schriftzug „Fruchtschuppen C“ verweist auf den verschwundenen historischen Ort: Von 1911 bis 1949 stand hier ein großes Gebäude zur Lagerung von Südfrüchten. Das Areal wurde bereits in den 1970er Jahren überbaut.

Im Inneren informiert das Gedenkzeichen über die Verfolgung und die Deportationen der Sinti und Roma aus dem norddeutschen Raum. In die Stelen sind Tafeln mit Texten, Bildern, Zitaten und Biografien von Verfolgten eingelassen.
 
An der Entwicklung des Gedenkzeichens waren die Rom und Cinti Union e.V., der Landesverein der Sinti in Hamburg e.V., die Behörde für Kultur und Medien, die HafenCity Hamburg GmbH und die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte für die Opfer der NS-Verbrechen beteiligt. Die Gestaltung übernahmen BBS Landscape Engineering GmbH und Michael Teßmer/gwf-ausstellungen. Der Bauherr des Westfield Hamburg-Überseequartiers, Unibail Rodamco Westfield, stellt den öffentlichen Raum dauerhaft zur Verfügung. Das Gedenkzeichen ist rund um die Uhr öffentlich zugänglich.
 
Das nahe gelegene denk.mal Hannoverscher Bahnhof im Quartier Am Lohsepark markiert den zentralen Hamburger Ausgangspunkt für die Deportationen von 1940 bis 1945. Von dem heute ebenfalls verschwundenen damaligen Güterbahnhof wurden in 20 Transporten mehr als 8.000 Juden, Sinti und Roma aus Hamburg und Norddeutschland in das Zwangsarbeitslager Belzec, die Ghettos Litzmannstadt/Lodz, Minsk, Riga und Theresienstadt und in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt. Nur wenige von ihnen überlebten. Seit 2017 erinnern 20 Namenstafeln am historischen Bahnsteig 2 an die Namen und Schicksale. Ein Info-Pavillon am benachbarten Lohseplatz zeigt eine Überblicksausstellung. In unmittelbarer Nachbarschaft entwickelt die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zudem das Dokumentationszentrum denk.mal Hannoverscher Bahnhof.
 
Praktische Informationen denk.mal Fruchtschuppen C
New-Orleans-Straße 6
Nähe Westfield Hamburg-Überseequartier
20457 Hamburg
Der Gedenkort ist rund um die Uhr kostenfrei öffentlich zugänglich

Rückfragen der Medien 
Behörde für Kultur und Medien
Enno Isermann | Pressesprecher
Telefon: 040 42 824 207
E-Mail: enno.isermann@bkm.hamburg.de
Internet: www.hamburg.de/bkmInstagram: @bkm_hh Stiftung 

Hamburger Gedenkstätten und Lernorte zur Erinnerung an die Opfer der NS-Verbrechen 
Dr. Iris Groschek | Öffentlichkeitsarbeit und Social Media
Telefon: 040 428 131 521
E-Mail: iris.groschek@gedenkstaetten.hamburg.de
Internet: www.gedenkstaetten.hamburg.de 

HafenCity Hamburg GmbH Henrike Thomsen | Pressesprecherin 
Telefon: 040 37 472 614
E-Mail: thomsen@hafencity.com
Internet: www.hafencity.com